Ein Raum für mich

Ein Raum für mich

“Seit unsere Kinder da sind, habe ich keine Zeit mehr für mich” – Diesen Gedanken hatten wahrscheinlich alle Eltern schon einmal.

Im Familienalltag ist es eine Herausforderung, Zeit für sich und seine Bedürfnisse zu finden. Das liegt nicht nur am Zeitmangel und an der Fülle an Aufgaben, die unseren Alltag bestimmen. Es sind auch die Ansprüche, die wir als Eltern an uns haben. Wir wollen die perfekte Mutter, der perfekte Vater sein. Gleichzeitig wünschen wir uns Kind und Karriere perfekt unter einen Hut zu bringen. Und vor lauter Stress fehlt uns die Muße, darüber nachzudenken, was wir brauchen, um Kraft für unsere täglichen Aufgaben zu schöpfen.

Auch ich habe die Erfahrung gemacht, und musste lernen, hier an verschiedenen Stellen umzudenken. Ein entscheidender Punkt dabei ist, dass wir uns immer wieder bewusst machen, wie wichtig diese “Zeit für euch selbst” auch für euch als Familie ist.

Gerade habe ich dazu einen schönen Impuls aus dem Buch „Familienbande“ der Familientherapeutin Brigitte Lämmle und der Soziologin Gabriele Wünsch bekommen.

Das Familienhaus

Die beiden stellen im ersten Teil des Buchs das Modell des Familienhauses vor. Gleich im ersten Kapitel werden die zwei Dachgeschoßzimmer präsentiert. Eins auf der linken Seite für sie, also die Partnerin und Mutter und eins auf der rechten Seite für ihn, Partner und Papa. In diesen Einzelzimmern beginnt die Geschichte jeder Beziehung.

In jedem dieser beiden Zimmer befinden sich viele wichtige Erinnerungen, zum Beispiel Erfahrungen mit Eltern und Geschwistern. Erinnerungen an die Schule und erste Freundschaften, erste VerliebtheitsgefühleEnttäuschungen, …

Unser Dachgeschosszimmer ist der Ort, an dem wir ungestört träumen und Kraft tanken, wenn um uns rum alles im Chaos versinkt. Es ist unser Rückzugsort, der uns Sicherheit gibt und in dem wir die empfangen können, die uns gut tun.

Dieser Raum, unser „inneres Zuhause“, ist nie fertig eingerichtet. Im Laufe unseres Lebens ist es unsere Aufgabe es mit verschiedensten Erfahrungen zu schmücken. Es immer mehr zu “unserem” zu machen – und uns dadurch immer klarer zu werden, wer wir eigentlich sind.

Wenn wir nicht achtgeben, verstaubt unser Dachzimmer

Sehr häufig wird dieses Zimmer mit Beginn einer Partnerschaft oder spätestens der Familiengründung vernachlässigt.

Vielleicht geben wir einst geliebte Hobbys auf, um auf unseren Partner Rücksicht zu nehmen: er hat leider keine Lust, jedes Wochenende mit uns in die Berge oder ins Fußballstadion zu gehen. Oder wir verbringen einfach am liebsten Zeit mit unserer Familie und wissen gar nicht, was wir alleine in unserem Zimmer machen sollten. Oder wir treffen einige unsere Freunde nicht mehr, weil unser Partner sie nicht so sympathisch findet und traurig guckt, wenn wir alleine gehen. Vielleicht verzichten wir auch auf unsere morgendliche Yoga-Routine, weil es einfach nicht mehr in unseren Familienalltag passt.

Dadurch, dass wir die, die wir lieben, nicht verletzen oder enttäuschen wollen, stellen wir unser Zimmer, also das, was uns ausmacht, hinten an. Und wenn wir uns doch darum kümmern, kämpfen wir häufig mit unseren eigenen Schuldgefühlen oder Vorwürfen aus unserem Umfeld. Wir haben schließlich eine Verantwortung für unsere Familie!

Unseren  Raum zu pflegen, gibt uns Kraft für unsere Familie

Doch wir sollten uns bewusst machen, dass man im Leben immer versucht, seine Gefühlsbilanz im Gleichgewicht zu halten. Das heißt, es kann passieren, dass wir die Befriedigung, die wir aus unserem exotischen Hobby gezogen haben oder die Bestätigung und den Spaß, die wir von unserer Sportmannschaft bekommen haben, aus einer anderen Quelle suchen. Und da unser Fokus auf unserer Familie und unserem Partner liegt, fangen wir dann auch an Erwartungen und Forderungen an die Partnerschaft oder irgendwann auch auf das Kind zu richten.

Ist dagegen unser Zimmer voll an Eindrücken, neuen Erfahrungen, Wissen um uns selbst und was uns gut tut, dann können wir viel mehr auch an unsere Familie weitergeben. Zudem sind wir in dem, wie wir mit uns selbst umgehen, immer auch ein Vorbild für unsere Kinder: Dadurch, dass wir für uns sorgen können, werden sie das auch für sich selbst lernen.

Daher denke ich: Das größte Geschenk, dass wir unserer Familie machen können, ist, uns unser Dachzimmer ganz gemütlich und heimelig einzurichten und regelmäßig Zeit dort zu verbringen.

Wie sieht Dein Dachgeschosszimmer gerade aus?

Wann hast Du Dir das letzte Mal Zeit für Dein Dachgeschosszimmer genommen? Musst Du vielleicht mal abstauben oder brauchst Du einen Neuanstrich? Hast Du Lust, ein paar neue Möbel und Wohnaccessoires besorgen?


7 Fragen, die ich mir stelle, wenn ich glaube, keine Zeit für mich zu haben