"Ist ein Paarcoaching sinnvoll für uns?" - Diese Frage wird mir häufig gestellt. In diesem Beitrag möchte ich sie gerne beantworten. Ihr erfahrt außerdem, wie ein Paarcoaching abläuft und was ihr daraus für euch und eure Beziehung gewinnen könnt.

Paarkonflikte steigen nach dem Übergang zur Elternschaft an

Typischerweise fängt es häufig bei Paaren in Umbruchsphasen an zu kriseln. Und so ist es auch bei vielen Paaren, wenn die Kinder kommen und das bestehende Paarsystem ins Wanken bringen. Durch Zeitmangel, Druck und Stress verlieren sich viele Paare im Alltag und haben häufig nicht mehr die Muße, darüber zu sprechen, was sie bewegt. 

Dass es in dieser Zeit zu Konflikten kommt, ist vollkommen normal. Manche Elternpaare haben vielleicht schon eine Konfliktkultur entwickelt, in der sie über Themen, bei denen sie sich nicht einig sind, konstruktiv sprechen können und eine Lösung finden können, die sich für beide gut anfühlt. Manchmal hilft es, gemeinsam einen Beziehungratgeber zu lesen und sich darüber zu unterhalten (ein paar Tipps dazu findet ihr hier). Und bei manchen Themen bietet es sich auch an, diese einfach auszusitzen. Vieles hat erfahrungsgemäß nach einiger Zeit nicht mehr die gleiche Sprengkraft und beide Partner haben einen Weg für sich gefunden haben, damit umzugehen.

Wenn ...

  • ihr aber das Gefühl habt, ihr kommt mit euren herkömmlichen Lösungsversuchen nicht mehr weiter,
  • es kaum mehr einen Tag gibt, an dem ihr nicht streitet,
  • ihr kaum mehr vernünftige Gespräche miteinander führen könnt, ohne dass es zu Vorwürfen, Rechtfertigungen, Anklagen oder Missverständnissen kommt,
  • sich einer von euch oder auch ihr beide immer mehr zurückzieht, emotional oder auch körperlich,
  • ihr das Gefühl habt, dass ihr euch immer weiter auseinanderlebt,
  • es kaum mehr glückliche Momente mit eurem Partner gibt,
  • ihr euch mit euren Worten schon gegenseitig tiefe Verletzungen zufügt,

... dann kann es sinnvoll sein, in einem Paarcoaching eine dritte, neutrale Person dazu zuziehen.

Solange die Liebe noch da ist, ist ein guter Zeitpunkt

Erfahrungsgemäß kommen viele Paare erst viele zu spät in eine Paarberatung. Häufig erst nach vielen Jahren, in denen sie bereits unglücklich in ihrer Beziehung sind und sich durch Vorwürfe und Schuldzuweisungen entfremdet haben.

In dieser Zeit haben sie sich häufig emotional schon so weit voneinander entfernt, dass Konflikte kaum mehr wirksam bearbeitet werden können. Dann geht es in der Beratung vor allem darum, eine einvernehmliche Trennung zu begleiten. 

Da langjährige Probleme in der Partnerschaft auch krank machen können und häufig auch besonders die Kinder, die sehr feinfühlig ist, darunter leiden, ist mein Rat immer, bei derartigen Anzeichen so bald wie möglich Unterstützung zu suchen. Solange die Liebe noch da ist, ist ein guter Zeitpunkt!

Eine Entscheidung für ein Paarcoaching erfordert auch Mut

Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass das gar nicht so einfach ist. Es erfordert viel Mut, einen Dritten hinzu zuziehen. Vielleicht ist euch die Vorstellung unangenehm, vor einem Fremden eure Probleme auszubreiten. Oder ihr habt das Gefühl, dass die Liebe nicht groß genug ist, wenn ihr es nicht selbst schafft. Vielleicht empfindet ihr es als Scheitern, wenn ihr feststellt, „wir kriegen unsere eigenen Beziehungsprobleme nicht selbst in den Griff.“ Möglicherweise hat einer von euch beiden Angst, dass es in der Beratung darum gehen soll, ihm die Schuld an der Beziehungskrise zuzuschieben. Oder ihr seid bereits an einem Punkt, an dem es heißt, alles oder nichts - und habt Angst, den nächsten Schritt zu gehen.

Und letztendlich siegt dann vielleicht auch der Gedanke: "Der Berater oder die Beraterin hat wahrscheinlich ähnliche Allgemeinplätze parat, wie die ganzen Beziehungsratgeberbücher. Dafür brauchen wir nun wirklich kein Geld ausgeben." Und vielleicht habt ihr auch Bekannte im Freundeskreis, die eine Paarberatung gemacht haben und sich letztendlich trotzdem getrennt haben. Auch das kann ein Ergebnis der Beratung sein, vor dem ihr euch vielleicht fürchtet. 

Um euch diese Bedenken und Ängste zu nehmen, möchte ich euch gerne einen Einblick davon geben, was in einem Paarcoaching passiert und welche Rolle darin der Paarcoach spielt.

Ein Paarcoaching dient nicht dazu, einen von euch wieder "beziehungsfähig" zu machen

Zunächst mal: Es geht nicht darum, dass in einem Paarcoaching festgestellt werden soll, wer jetzt an eurer Beziehungskrise schuld ist oder dass einer von euch „repariert“ oder wieder „beziehungsfähig“ gemacht werden soll.

Und ihr braucht euch auch keine Gedanken darüber zu machen, psychologisch durchleuchtet zu werden.

Ein Paarberater wird euch, anders als ihr euch es vielleicht vorstellt, keine Lösung oder Ratschläge für euer Problem geben. Das ist auch der Grund dafür, warum ich lieber den Begriff Paarcoach als Paarberater verwende. 

Er ist auch kein Richter, der seine Aufgabe darin sieht, in den Sitzungen herauszufinden, wer denn jetzt schuld an der ganzen Misere ist. Und er wird sich davor hüten, einem von euch recht zu geben. 

Der Paarcoach ist daran interessiert, euch beide zu verstehen

Seine Rolle ist die eines Mediator oder Moderators. Er ist allparteilich und seine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass ihr beide die Möglichkeit habt eure Sichtweise auf die Situation darzustellen. Er sorgt dafür, dass ihr Raum bekommt, um Enttäuschungen oder Ängste anzusprechen oder euren Ärger auszudrücken. 

Gerade bei Themen, denen ihr lieber aus dem Weg geht oder bei denen ihr sonst vielleicht schnell emotional werdet oder wütend das Gespräch abbrecht, wird er dafür sorgen, dass Dinge konkreter benannt werden, dass das Gespräch fair bleibt und ihr beide zu Wort kommt. Und dass ihr jeweils auch wirklich hört, was der andere sagt. Bei Missverständnissen kann er vermitteln und übersetzen. Oder er kann euch dabei helfen, den Konflikt hinter dem Konflikt zu erkennen. Denn häufig ist es so, dass hinter andauernden alltäglichen Streitereien ein tieferliegender Konflikt steckt, der in der Beratung herausgearbeitet werden kann. 

Er kennt sich aus mit Beziehungsdynamiken und kann als Außenstehender versuchen, eure Paardynamik zu verstehen und zu erklären. Oder er macht euch auf blinde Flecken, oder verfahrene Denk- und Verhaltensmuster aufmerksam, die eurer Beziehung nicht gut tun, und auf die ihr in Zukunft achten könnt.

Der Paarcoach kennt auch eine Reihe von Methoden, mit denen ihr in einem längeren Prozess euer persönliche Lösung für eure Situation erarbeitet, erprobt, und gegebenenfalls auch immer wieder korrigiert.

Aus einem Paarcoaching könnt ihr auch sehr viel für eure persönliche Entwicklung mitnehmen

Beispielsweise lernt ihr Verständnis für die Perspektive eures Gegenübers zu entwickeln. Ihr kommt stärker in Kontakt mit euren Wünschen und Bedürfnissen und lernt, diese auch klar mitzuteilen. Und ihr lernt, eure Konflikte konstruktiv zu besprechen und was richtig Zuhören bedeutet.

Vielleicht werdet ihr auch mal auf Themen stoßen, die euch nicht so angenehm sind, und bei denen ihr euch selbst an die Nase fassen müsst. 

Damit ein Paarcoaching erfolgreich ist, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein

Ihr müsst beide freiwillig kommen. Sehr häufig ist es so, dass nur einer der Partner eine Beratung aufsuchen will und viel Energie dafür aufwendet, um den anderen zu überzeugen, mitzukommen.  Wenn aber nicht beide Partner aus freien Stücken bereit sind, sich auf die Beratung einzulassen, ist diese von vornherein zum Scheitern verurteilt. Vielleicht kann sich der skeptischere von beiden aber auch auf das Coaching einlassen, weil er den anderen liebt. 

Ihr müsst beide bereit sein, offen und ehrlich miteinander zu sprechen, über eure Wünsche, Vorstellungen und Probleme. Und ihr solltet auch den Mut haben, über unangenehme Themen, wie zum Beispiel Verletzungen zu sprechen.

Es ist wichtig, dass ihr mit der Haltung kommt, dass ihr beide einen Anteil an der momentanen Situation habt und euch auch beide um eine Verbesserung der Situation bemühen müsst. Hinderlich ist dagegen die Einstellung, dass das Problem beim anderen liegt und nun in der Beratung lernen soll, wie er sich verhalten soll.

Und ganz wesentlich ist auch, dass ihr euch beide mit dem Coach wirklich wohl fühlt. Dass ihr in seiner Anwesenheit miteinander sprechen könnt. Und dass ihr das Gefühl habt verstanden zu werden. Daher lohnt es sich, den Berater in einem ersten Gespräch erstmal kennen zu lernen, um festzustellen, ob ihr auf einer Wellenlänge liegt.

In einem Paarcoaching macht ihr euch auf die Suche, was gut für euch und eure Beziehung ist

Es geht also in einem Paarcoaching vor allem darum, dass ihr gemeinsam mit dem Coach einen Weg findet, um gemeinsam einen Schritt nach vorne machen zu können. Raus aus euer momentanen, vielleicht aussichtslos erscheinenden, Situation. Ihr sollt einen Weg aus der Streitspirale finden und wieder Spaß am Zusammenleben haben. Ziel ist auch, dass ihr euch in eurer Beziehung wieder „zuhause“ fühlt, wieder Spaß am Sex habt. Dass ihr euch wieder freuen könnt, wenn ihr den anderen anseht. Und dass ihr eine Entwicklung anstoßt, für euch als Paar, aber auch für jeden einzelnen von euch. 

Mit einem Paarcoaching trefft ihr die Entscheidung für eure Beziehung. Und für eure Kinder.

 

Manchmal ...

... scheitert der Gang zu einem Paarcoaching gerade bei Eltern auch an fehlender Zeit oder der Frage der Kinderbetreuung. Dann könnte eine Online-Paarberatung das Richtige für euch sein.