Wie deine Gedanken deine Konflikte beeinflussen

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“Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile? Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er “Guten Tag” sagen kann, schreit ihn unser Mann an: “Behalten Sie Ihren Hammer“.

Diese Geschichte ist aus Paul Watzlawicks Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ und zeigt, weil wie sehr unsere Gedanken unsere Gefühle, Handlungen und unser Verhalten im Konflikt beeinflussen können.

Vielleicht kennst du ja Situationen wie diese aus deinem Alltag:

Du hast dich heute schon den ganzen Tag auf dein abendliches Squash-Training gefreut. Um viertel vor sechs musst du los, damit du pünktlich da bist. Die Kinder spielen gerade friedlich in ihrem Zimmer, und du wartest auf Deinen Partner, der dich ablöst. Es wird zwanzig vor sechs, zehn vor sechs und noch ist keine Ablöse in Sicht. Langsam kommen Dir Gedanken wie: „Immer denkt er nur an sich, seine Arbeit und sein Vorankommen. Dabei weiß er ganz genau, wie wichtig mir dieses Training ist. Aber meine Bedürfnisse sind ihm vollkommen egal.“  oder „Wenn ich daran schuld wäre, dass er zu spät in sein Training kommt, dann dürfte ich mir aber was anhören“.  Als du fünf vor sechs die Schlüssel in der Tür hörst, gehst Du auf dein Gegenüber los: „Du Scheiß-Egoist, immer denkst Du nur an dich!“, schnappst dein Rad verschwindest stinksauer zum Sport.

In solchen Situationen  generalisieren wir („Immer denkt er nur an sich“) oder interpretieren ( „Meine Bedürfnisse sind ihm vollkommen egal!“). Dass es die letzten Wochen immer gut geklappt hat und du rechtzeitig zum Sport gekommen bist, blendest Du in diesem Moment aus. Und auch, dass Du durchaus auch mal zu spät zur Ablöse kamst.

Oder ein anderes Beispiel:

Deine Partnerin geht einmal pro Woche zur Bandprobe, immer Montags um 19 Uhr. Heute ist wieder Montag und kurz bevor sich deine Partnerin verabschiedet, ist zu Hause ist die Hölle los.  Die Kinder sind total aufgedreht, spielen mit dem Essen und du bist bereits jetzt am Ende deiner Kräfte. Das scheint deine Partnerin nicht zu merken. Sie geht wie üblich um halb sieben aus dem Haus. Den ganzen Abend kreisen deine Gedanken darum, wie illoyal sich deine Partnerin verhält. „Immer muss sie ihren Stiefel durchziehen, auch wenn sie genau merkt, dass es superstressig für mich wird.“ – „Ihre Selbstverwirklichung kommt vor ihrer Familie, immer lässt sie mich allein“ – „Ich und die Kinder sind ihr völlig egal.“ – Vielleicht hat sie ja sogar schon einen anderen.“ Als sie nach Hause kommt, und sich mit einem Glas Wein zu dir setzen will, bist du einfach nur voll genervt und verschwindest Schimpfworte murmelnd allein ins Bett.

Gedanken wie: „Es wird jetzt stressig für mich, aber es ist wichtig, dass sie zur Probe geht, weil sie danach wieder total ausgeglichen und mit neuer Kraft für uns da ist“ oder „Es wird stressig und sie traut mir zu, dass ich das alleine schaffe“ hätten dem Abend eine ganz andere Richtung gegeben.

Unsere Gedanken prägen unsere Wahrheit

Wir glauben oft, dass die Dinge so wie wir sie wahrnehmen, die Wahrheit sind – in  Wirklichkeit sind sie oft aber unsere subjektive Interpretation der Dinge. Durch unsere Gedanken und die Art, wie wir wahrnehmen, verzerren wir die Realität. Denn unsere Beobachtungen sind sehr stark durch unsere Vorerfahrungen geprägt. Wir generalisieren, wir interpretieren, wir filtern oder blenden aus und haben bestimmte Glaubenssätze, die unsere Beobachtungen prägen. Und oft sind unsere Gedanken auch durch unsere momentane Stimmung geprägt. Wenn wir gestresst sind, neigen wir eher zu Gedanken, die noch mehr schlechte Gefühle in uns auslösen. Brisant wird es auch, wenn wir glauben wir ganz genau zu wissen, was unser Partner mit seinem Verhalten bezwecken will, weil das ja eh „typisch“ für ihn ist.

In solchen Momenten vermischt sich eine hochexplosive Mischung an Gedanken in unserem Kopf und unsere Gegenüber bekommt dann das Ergebnis zu hören, die häufig auch bei ihm, eine destruktive Reaktion auslöst.

Was kannst du dagegen tun?

Versuche in oder wenn du es in diesem Moment nicht schaffst, auch nach solchen Situationen erst einmal ohne Bewertungen und Interpretationen wahrzunehmen, was ist bzw. war. Mir hilft dabei immer, darüber nachzudenken, was ein Unbeteiligter, der von oben auf die Situation blickt, sehen würde.

Und dann lass  keinen Vorwurf folgen, sondern sprich über dich, also wie es dir in diesem Moment ging, etwa: “Gestern Abend hat es mich wahnsinnig gestresst, als du weggegangen bist und ich mit den tobenden Kindern alleine war. Ich habe mich alleine gefühlt und mir deine Unterstützung gewünscht.”

Über Dich und deine Gedanken zu sprechen, hilft dir, dich zu sortieren. Und gleichzeitig kannst du deine Partnerin an deiner Wahrnehmung teilhaben und sie mitfühlen lassen; indem du dich öffnest, gibst du ihr den Rahmen, auch sich selbst zu öffnen und vielleicht sagt sie: „Danke, dass du mir das gestern ermöglichst hast. Für mich ist dieser Termin so wichtig, um wieder Kraft für unsere Familie schöpfen zu können.“ Ein derart offener Austausch, wird eure Vertrauensbasis immer wieder aufs Neue stärken.

Setzt euch regelmäßig zusammen und sprecht über eure Gedanken statt sie ein Eigenleben in eurem Kopf führen zu lassen. Gleicht eure Wahrnehmung in konflikthaften Situationen immer wieder ab und findet eine gemeinsame Wahrheit.

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